Donnerstag, 25. März 2010

Pseudoverlag: Zwischen Dada und Geldmacherei

Eine sog. Deutsche Literaturgesellschaft aus Berlin wirbt um die Gunst der Autoren. Doch wer steckt hinter diesem Unternehmen? Was sind die Erfahrungen von Autoren, die sich an dieses Unternehmen gewendet haben?

Ich war einer von diesen Autoren und schickte mein Manuskript von knapp 190 Seiten an dieses Unternehmen und erhielt umgehend einen Verlagsvertrag. Der Haken an diesem Vertrag: Ich sollte über 12.000 Euro bezahlen. Ein Skandal! Soll doch hier schamlos das unternehmerische Risiko auf den Autoren abgewälzt werden. Pseudoverlage leisten letztlich lediglich die Arbeit einer Druckerei. Es mangelt regelmäßig an Lektorat und an einem ordnungsgemäßen Vertrieb. Die Bücher liegen in Buchhandlungen nicht aus, werden gewöhnlich nicht beworben. Der Autor ist tritt hier in eine teure Leistung und muss regelmäßig sogar weitreichende Rechteübertragungen seiner Texte erdulden.

Verbraucherzentralen und Autorenverbände warnen vor den Geschäftspraktiken

Über 55 Literatureinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz warnen als Unterstützer des Aktionsbündnis für faire Verlage (http://www.ak-fairlag.com/) ausdrücklich vor den Machenschaften sog. Pseudoverlage, bei denen der Autor dafür Geld bezahlen muss, dass etwas publiziert wird. Diese Unternehmen kehren das Verlagsprinzip schamlos um. Unternehmen wie dieses sind als "Geschäftemacher auf den Rücken der Autoren" in Autorenkreisen und im Literaturbetrieb seit Jahren verschrien.

Besagte Deutsche Literaturgesellschaft, welche noch recht neu auf den Markt getreten ist, machte auch in der jüngsten Vergangenheit von sich Schlagzeile, indem eine Veröffentlichung von Elke Heidenreich vorgegaukelt wurde und dreist mit ihrem Konterfrei geworben wurde.
"Dreist". so nennt es das Literatur-Café (http://www.literaturcafe.de/elke-heidenreich-ueber-deutsche-literaturgesellschaft-empoert/) in einer Meldung vom 18. April 2009. Ein anderes Wort als "dreist" lässt sich dafür auch wahrlich nicht mehr finden. Ein auf demMarkt seit einiger Zeit neu aufgetauchter Pseudoverlag scheint ganz unverfroren um die finanzielle Gunst von Autoren zu werben.

Die sog. "Deutsche Literaturgesellschaft" hatte auf der Website des "Verlages" einen neuen Titel angekündigt, bei der Elke Heidenreich angeblich als Mitherausgeberin fungiere. Groß prangt Heidenreichs Gesicht von dem Cover: "Bücher könnte ich lassen, Oper nie!". Tatsächlich ist dieser Titel von einer Zusammenarbeit Heidenreichs für eine Musik-Edition des Bertelsmann Verlags "geklaut" und unautorisiert verwendet worden, so bestätigt Elke Heidenreich gegenüber dem Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (BVjA) und dem Literatur-Café. Sie ist vor so viel Dreistigkeit schockiert und verwahrt sich vor solchen unseriösen Machenschaften. "Ein solches Unternehmen kenne ich gar nicht und würde in "so einem Verlag" niemals veröffentlichen", so Elke Heidenreich. "Ich bin zornig und empört über soviel Dreistigkeit!".

Dem Aktionsbündnis für faire Verlage (http://www.ak-fairlag.com/) liegen mehrere Verlagsverträge besgagtem Unternehmens vor, bei denen ein obligatorisches Anschreiben beigefügt ist. "Von den etwas 350 monatlilch eingereichten Manuskripten schaffen es letztendlich durchschnittlich vier zur Buchveröffentlichung", heißt es dort. Beigelegt ist ein Verlagsvertrag über bis zu knapp 10.0000 Euro, der darüber hinaus auch empörend weiterreichende Rechteübertragungen auf den "Verlag" vorsieht. Autorenverbände werfen dem Unternehmen vor, auf besonder heimtückische Weise unerfahrene Autoren in die Irre zu führen.

Aktion "Rico Beutlich"

Diese Ansicht wird bestätigt durch die Aktion "Rico Beutlich". Die Autorengruppe 42er Autoren reichten unter dem Kunstnahmen "Rico Beutlich" ein Manuskript an sieben Pseudoverlagen ein. Neben dem August von Goethe Literaturverlag, einem Frankfurter Pseudoverlag, der besonders negativ in den Schlagzeilen steht, dem österreichischen Novum Verlag, dem Frankfurter R.G. Fischer Verlag und dem Wagner Verlag wurde auch ein Manuskript an die sog. Deutsche Literaturgesellschaft geschickt.
Das Resultat: Alle diese Unternehmen waren von dem Manuskript - unter Beilegung eines Kostenangebots zwischen 5000 und 40.000 Euro - "begeistert".
Dabei hatte "Rico Beutlich" auf neun Seiten lediglich auf belanglose und mit Rechtschreibfehlern und Grammatikfehlern versehenes Manuskript eingeschickt, welches er mit über 800 Seiten zusammenhangslosen Ausschnitten von berühmten Klassikern aus der Guttenbergschen Online-Bibliothek anreicherte.
Spiegel Online titelte über diese Geschäftspraktiken sehr richtig:

"Die schönsten Seiten des Schwachsinns"

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,645279,00.html


Schamlose Werbung mit "Verbrannten Autoren"

Weiter heißt es in den Anschreiben, die Interessenten nach Einschickung eines Manuskripts erhalten: "Wie Sie wissen, veröffentlicht die Deutsche Literaturgesellschaft neben der Bibliothek des Romanischen Café, in der wir Bücher publizieren, die der Bücherverbrennung der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind, auch neue, unbekannte Autoren." Hier wird mit schamlosen Mitteln um die Gunst von unerfahrenen Autoren geworben, so kritisieren Verbraucherschützer das Geschäftsgebaren der Deutschen Literaturgesellschaft.

Jörgen Ellenrieder ist in der Branche nicht unbekannt

Wie das Literatur-Café weiter berichtet, ist der Geschäftsführer dieser sog. "Literaturgesellschaft", ein Jörgen Ellenrieder nicht ganz unbekannt in der Branche der Pseudoverleger. Unter dem Namen Jörgen Hansen gibt er angeblich das erwähnte Buch "Bücher könnte ich lassen - Oper nie!" mit Elke Heidenreich heraus, die davon jedoch nichts weiß. Jörgen Hansen, der sich selbst auch schon mal gerne als "schwedischer Erfolgsautor" bezeichnet, ist Kennern der Zuschussverlage bereits unter dem Doppelnamen Jörgen Hansen-Ellenrieder bekannt, berichtet das Literatur-Café weiter. Als Partner von Rodja Smolny trat er als "schwedischer Vertreter" der angeblich von dort stammenden Literaturagentur "Lindbergh & Well" auf, welche Ende 2007 nach einem kritischen Bericht des NDR wieder vom Markt verschwand. Diese Firma war in seriösen schwedischen Literaturagenturkreisen gänzlich unbekannt und verlangte von unbekannten Autoren Geld für ein kostenpflichtiges Lektorat.

http://www.youtube.com/watch?v=IJ49Bm-3N_s&feature=player_embedded

Nach dem Fernsehbeitrag ging sowohl die deutsche als auch die schwedische Website offline, für die Jörgen Hansen-Ellenrieder als Ansprechpartner fungierte. Nun setzt er seine Arbeit anscheinend wahlweise als Jörgen Hansen oder Jörgen Ellenrieder bei der neugegründeten "Deutschen Literaturgesellschaft" fort.

Das Aktionsbündnis für faire Verlage, ein Zusammenschluss von über 55 Autorenverbänden und gemeinnützigen Literaturorganisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz warnen vor den Machenschaften von Pseudoverlagen:

http://www.ak-fairlag.com